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Liquidität – alles zum Thema

Liquidität – alles zum Thema

Zusammenfassung

Der Begriff Liquidität findet sich sowohl in der Betriebswirtschaft als auch in der Volkswirtschaft. 

  • Betriebswirtschaftlich ist ein Unternehmen mit ausreichend Liquidität in der Lage, sämtlichen Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit jederzeit in voller Höhe nachzukommen. 
  • In der Volkswirtschaft benutzen die beiden Unterbereiche Mikroökonomie und Makroökonomie den Ausdruck Liquidität. 
    • In der Mikroökonomie ist damit die Möglichkeit gemeint, Anlagevermögen in Geld umzuwandeln. 
    • In der Makroökonomie bezeichnet Liquidität eine bestimmte Geldmenge, die in der Volkswirtschaft eines Staates vorhanden ist. 
  • Außerdem existiert in der Kapitalmarkttheorie noch der Begriff Marktliquidität, der besagt, welche Gütermenge oder Anzahl an Kapitalkontrakten jederzeit am Markt gehandelt werden kann, ohne dass sich der Marktpreis durch eine einzelne Transaktion merkbar ändert. 

In jedem Fall ist Liquidität eine wichtige Kennzahl für die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen und Staaten.

 

Liquidität im Unternehmen

 

In jedem Unternehmen fallen regelmäßig Kosten und andere Zahlungsverpflichtungen an. Dazu zählen Löhne und Gehälter, Sozialversicherungsbeiträge, Miete, Steuern, Versicherungsbeiträge sowie Raten und Zinsen für Kredite. Auch Lieferantenrechnungen, Ausgaben für Reparaturen und Instandhaltungen sowie Aufwendungen für das Marketingbudget oder für neue Fahrzeuge und Maschinen müssen bezahlt werden. 

Für jede Kostenart gibt es eine bestimmte Fälligkeit, zu der die Zahlung erfolgen muss. Lieferanten, Dienstleister und andere Verkäufer bestehen entweder auf Sofortzahlung oder räumen ein Zahlungsziel ein. Gehaltszahlungen müssen monatlich erfolgen. Kreditraten, Steuern und Versicherungsbeiträge werden monatlich oder in bestimmten Intervallen, wie quartalsweise, halbjährlich oder einmal im Jahr, gezahlt. Das bedeutet hohe Aufwendungen zu bestimmten Terminen, die in der Liquiditätsplanung entsprechend berücksichtigt werden müssen.

Die Aufgabe der betriebswirtschaftlichen Abteilung eines Unternehmens besteht darin, zu den jeweiligen Fälligkeiten genügend liquide Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Mittel müssen ausreichen, um alle Zahlungsverpflichtungen fristgemäß in voller Höhe zu erfüllen. 

Dazu berechnet der Betriebswirt drei Liquiditätsgrade. Die berechneten Zahlen zeigen, ob die Liquidität des Unternehmens ausreicht oder ob rechtzeitig Liquiditätshilfen in Anspruch genommen werden müssen.

So wird die Liquidität eines Unternehmens gemessen

 

Das Ziel einer erfolgreichen Unternehmensführung liegt darin, die optimale Liquidität zu erreichen. Das bedeutet, dass sich nicht zu viel Guthaben auf dem Kontokorrentkonto befinden darf, das nur Kosten verursacht und keinen Ertrag bringt. Gleichzeitig muss das Geschäftskonto zu den Fälligkeitsterminen der verschiedenen Zahlungsverpflichtungen ausreichend gedeckt sein, damit keine Überziehungszinsen anfallen. 

Außerdem sollte das vorhandene Kapital in einem gesunden Verhältnis zu den Schulden des Unternehmens stehen. Um all diese Komponenten zu berücksichtigen, stellen die drei Liquiditätsgrade eine der wichtigsten Liquiditätshilfen eines Unternehmens dar.

Liquidität 1. Grades

 

Zunächst die wichtigsten Bestandteile der Liquidität 1. Grades:

  • Weitere Bezeichnungen: Cash Ratio oder Barliquidität
  • Formel zur Berechnung: flüssige Mittel : kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 [%]
  • Empfohlener Wert: 10 % – 30 %

Bei den flüssigen Mitteln eines Unternehmens handelt es sich nicht nur um das Guthaben auf dem Geschäftskonto oder auf den Konten bei anderen Banken und der Deutschen Bundesbank. Auch der Kassenbestand, Schecks und diskontfähige Wechsel zählen zu den flüssigen Mitteln. Liquide Mittel zeichnen sich dadurch aus, dass sie sofort und ohne Einschränkungen zur Begleichung von Rechnungen zur Verfügung stehen.

Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten zählen Darlehen oder Lieferantenkredite mit einer restlichen Laufzeit von unter einem Jahr. Auch Rückstellungen für Steuern, Bonuszahlungen an die Belegschaft, Reparaturen, Neuanschaffungen oder zu anderen Zwecken gehören zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Der empfohlene Wert der Liquidität 1. Grades ist so niedrig, weil ein Unternehmen zusätzlich Vorräte und Forderungen einsetzen kann, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu begleichen.

Liquidität 2. Grades

 

Hier die wichtigsten Fakten zur Liquidität 2. Grades:

  • Weitere Bezeichnungen: Acid Test, Quick Ratio oder einzugsbedingte Liquidität
  • Formel zur Berechnung: (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen) : kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 [%]
  • Empfohlener Wert: 100 % – 120 %

Bei der Liquidität 2. Grades werden auch die kurzfristigen Forderungen mit einberechnet. Hierbei handelt es sich um Forderungen gegen Schuldner mit einem Zahlungsziel von unter einem Jahr. Wenn die Berechnung der Liquidität 2. Grades einen Wert von unter 100 % ergibt, deutet das Ergebnis darauf hin, dass die kurzfristigen Verbindlichkeiten nicht durch kurzfristig zur Verfügung stehende liquide Mittel bezahlt werden können. Hier muss die Betriebsleitung eingreifen und die Ursachen fermitteln oder Gegenmaßnahmen ergreifen. 

Acid Test wird die Kennzahl auch deswegen genannt, weil Banken sie zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit heranziehen. Die Bankersrule besagt, dass der Wert über 100% liegen soll. 

Liquidität 3. Grades

 

Zu Beginn die wichtigsten Komponenten der Liquidität 3. Grades:

  • Weitere Bezeichnungen: Current Ratio oder umsatzbedingte Liquidität
  • Formel zur Berechnung: (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte) : kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 [%]
  • Empfohlener Wert: 120 % – 200 %

Neben den aus den ersten beiden Liquiditätsgraden bekannten Faktoren spielen bei der Berechnung der Liquidität 3. Grades auch die Vorräte des Unternehmens eine Rolle. Hierbei handelt es sich um die in der Bilanz ausgewiesenen Vorräte, also Rohstoffe, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe, unfertige Produkte sowie fertig erzeugte Waren, die noch nicht verkauft sind. Auch Anzahlungen für die benötigten Stoffe zählen zu den Vorräten.

Eine Liquidität 3. Grades von weniger als 120 % ist ein Indikator, dass die gesamte im Umlaufvermögen gebundene Liquidität nicht ausreicht, die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu bezahlen. Ein Ergebnis von mehr als 200 % hingegen kann ein Hinweis sein, dass sich eine zu große Anzahl an Rohstoffen oder Handelswaren im Lager befindet und diese über die Maße Liquidität bindet. Diese Liquidität fehlt zur Deckung der laufenden Kosten bzw. der Tilgung der kurzfristigen Verbindlichkeiten, was zu einem Liquiditätsengpass führen kann.

Liquidität in der Volkswirtschaft

 

Nicht nur Unternehmen müssen regelmäßig die Liquiditätsgrade berechnen und ihre Zahlungsfähigkeit überprüfen. Auch in den Wirtschaftsnachrichten ist im Zusammenhang mit der nationalen und internationalen Geldpolitik der einzelnen Staaten der Begriff Liquidität im volkswirtschaftlichen Zusammenhang zu finden. Jeder Staat verfolgt seine eigenen geldpolitischen Ziele, mit denen die Wirtschaft des Landes gestärkt wird. Durch die Steuerung der sich im Umlauf befindlichen Geldmenge kann ein Staat etwa die Zinsen, die Preise und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen beeinflussen. Die Steuerung der Geldmenge in Europa übernehmen die Zentralbanken der Länder in Koordination und Abstimmung mit der Europäische Zentralbank (EZB).

Europaweit arbeiten alle Regierungen und Zentralbanken an dem Ziel, durch eine ausgewogene Geldpolitik die Preisstabilität in den einzelnen Ländern sicherzustellen. Die nationale Geldpolitik Deutschlands wird durch die Bundesregierung und die Deutsche Bundesbank in Frankfurt am Main bestimmt. Die Bundesbank berechnet regelmäßig die Geldmenge, die der gesamten Volkswirtschaft zur Verfügung steht. Eine Veränderung der Geldmenge hat direkte Auswirkungen auf die Preisentwicklung, die Inflation und das Wirtschaftswachstum eines Staates.

Die Geldmenge wird über den Leitzins gesteuert, den die Deutsche Bundesbank beziehungsweise die EZB entsprechend senken oder anheben können. Um die Untersuchungen zu erleichtern, ob eine Anpassung des Leitzinses erforderlich ist, unterteilen die Zentralbanken die Geldmenge in M0, M1, M2 und M3. Dabei hat jede Zentralbank ihre eigene Definition der einzelnen Geldmengen. Einig sind sich die Banken aber darin, dass es sich nur um das Geld handelt, das sich im Besitz von Privatleuten, Unternehmen und anderen sogenannten Nichtbanken befindet.

Hier die Aufteilung der Geldmengen der Europäischen Zentralbank (EZB):

  • Geldmenge M0: Bargeld in den Kassen und Geldautomaten der Kreditinstitute sowie Kundengelder, die die Banken und Sparkassen bei der Zentralbank ihres Landes verwahren
  • Geldmenge M1: Bargeld sowie Guthaben auf Girokonten von Verbrauchern und Unternehmen
  • Geldmenge M2: Geldmenge M1 plus Guthaben auf Tagesgeldkonten oder Sparbüchern mit einer gesetzlichen Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten plus Festgelder oder andere Anlageformen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren.
  • Geldmenge M3: Geldmenge M2 plus Anteile an Bankschuldverschreibungen, Geldmarktfonds und anderen Geldmarktpapieren sowie Rückkaufvereinbarungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren.

Zusammenhang zwischen volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Liquidität

Eine wichtige Aufgabe der Zentralbanken zeigt sich vor allem in Krisenzeiten. So hat die EZB beschlossen, wegen der weltweiten Coronakrise zusätzliche Liquidität zur Verfügung zu stellen. Doch wie steigert die EZB die Liquidität in Europa und was bedeutet das für Unternehmer? Wie hilft diese politische Maßnahme, die Krise zu überstehen und den Fortbestand der Firma zu sichern?

Die Antwort auf diese Fragen lautet, dass die EZB und die einzelnen Zentralbanken dafür sorgen müssen, dass die Unternehmen optimal mit finanziellen Mitteln versorgt sind. Dazu müssen den Betrieben zinsgünstige Kredite und Fördermittel sowie weitere Hilfen zur Verfügung gestellt werden.

Hilfsmaßnahmen im Rahmen von Corona in Europa

 

Der Europäische Rat hat bereits einige Hilfsmaßnahmen beschlossen, mit denen die europäischen Staaten ihre Liquidität erhöhen und die Unternehmen unterstützen können:

  • Europäisches Kurzarbeitergeld und Förderprogramm (SURE)
  • Unternehmenskredite für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) durch einen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank
  • Kredite des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit geringen Auflagen
  • Wiederaufbaufonds der EU

Neben der gesamteuropäischen Hilfe bieten auch die einzelnen Länder Liquiditätshilfen für Unternehmen jeder Größe an. 

 

Überblick Hilfen in Deutschland

 

In Deutschland wurden verschiedene Maßnahmen beschlossen, die über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt werden:

  • Schnellkredit für Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern
  • Spezielle Unternehmenskredite für junge und langjährig tätige Betriebe
  • Konsortialfinanzierung ab 25 Millionen Euro

Zusätzlich zu den zinsgünstigen Krediten der KfW können Unternehmer auch Hilfe durch Bund und Länder erhalten. Dazu zählen Zuschüsse und Soforthilfen, Kurzarbeitergeld, Kreditbürgschaften und die zinsfreie Stundung von Steuerzahlungen oder Sozialversicherungsbeiträgen. Für KMU, Selbstständige und Freiberufler stellen Bund und Länder eine unbürokratische Soforthilfe zur Verfügung, die nicht zurückgezahlt werden muss. Außerdem wird als weitere Maßnahme zur Steigerung der Liquidität die Mehrwertsteuer für sechs Monate um drei Prozent gesenkt.

Überblick Hilfen in Österreich

 

Auch in Österreich erhalten Unternehmen umfangreiche Unterstützung durch den Staat. Es wurde ein Corona-Hilfsfonds eingerichtet, der der sowohl etablierten Unternehmen jeder Größe als auch Start-ups, neuen Selbstständigen, freien Dienstnehmern, Kleinstunternehmern und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) zielgerichtete Unterstützung bietet. Zu den wichtigsten Hilfen in Österreich gehören:

  • Betriebsmittelfinanzierungen
  • Überbrückungsfinanzierungen für Tourismusbetriebe
  • Vereinfachte Überlassung von Arbeitnehmern an einen anderen Betrieb
  • Steuerstundung oder Ratenzahlung von Steuern
  • Kurzarbeitergeld
  • Garantien und Haftungen zur Kreditsicherung

Liquidität als entscheidender Faktor für die Gesamtwirtschaft

Eine ausreichende Liquidität stellt sicher, dass ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann und weiter am Markt tätig ist. In der Volkswirtschaft hängt die Liquidität von der Versorgung der Gesamtwirtschaft mit ausreichend Geld ab. Daher gehört es zu den wichtigsten Aufgaben der Geldpolitik, für die optimale Liquidität und damit die wirtschaftliche Stabilität eines Staates zu sorgen. 

Das zeigt sich vor allem in Krisenzeiten, in denen die Regierung durch gezielte Maßnahmen für eine ausreichende Liquidität sorgen muss.

 

Credits: Foto von unsplash, by Markus Spiske