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Aufbau einer Liquiditätsplanung und wie man es nicht macht – am Beispiel der insolventen Signa Gruppe

Aufbau einer Liquiditätsplanung und wie man es nicht macht – am Beispiel der insolventen Signa Gruppe

Aufbau einer Liquiditätsplanung und wie man es nicht macht – am Beispiel der insolventen Signa Gruppe

Eine durchdachte Liquiditätsplanung ist das Fundament eines erfolgreichen Unternehmens. Doch wie die Insolvenz der Signa Gruppe eindrucksvoll zeigt, können gravierende Fehler in diesem Bereich schwerwiegende Folgen haben. Im Folgenden beleuchten wir die wichtigsten Aspekte einer professionellen Liquiditätsplanung und illustrieren, wie die Signa Gruppe es verfehlt hat, diese umzusetzen.

Was ist Liquiditätsplanung und warum ist sie wichtig?

Liquiditätsplanung ist der Prozess, die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens sicherzustellen. Dabei werden zukünftige Ein- und Auszahlungen prognostiziert, um rechtzeitig Engpässe zu erkennen und gegenzusteuern. Eine solide Liquiditätsplanung sollte:

  1. Detailliert und belastbar sein: Realistische Annahmen zu Einnahmen und Ausgaben bilden die Basis.
  2. Revisionssicher sein: Dokumentation und Nachvollziehbarkeit sind essenziell.
  3. Strategisch angelegt sein: Eine klare Trennung zwischen kurzfristiger und langfristiger Planung ist erforderlich.
  4. Flexibilität gewährleisten: Szenarioanalysen helfen, verschiedene Entwicklungen zu antizipieren.

Fehler der Signa Gruppe: Ein Lehrbeispiel für misslungene Liquiditätsplanung

Die Insolvenz der Signa Gruppe offenbarte eklatante Schwächen in der Liquiditätssteuerung mit schwerwiegenden möglichen Folgen für die Beteiligten. Folgende Fehler wurden im Insolvenzverfahren bisher durch den Insolvenzverwalter identifiziert:

1. “Bierdeckel-Kalkulationen” statt professioneller Planung

Statt einer belastbaren Liquiditätsübersicht stützte sich die Signa Gruppe auf sogenannte „Bierdeckel-Kalkulationen“. Siehe hier. Diese „Kalkulationen“, in rudimentären Excel-Formaten vorliegend, enthielten:

  • Willkürliche und rechtsgrundlose Werteüberträge von konzernfremden Gesellschaften.
  • Ungesicherte Annahmen über die Verfügbarkeit freier Liquidität innerhalb von Tochtergesellschaften.
  • Fehlende Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
  • Fehlende Szenarien (was-wäre-wenn) und echte worst-case Betrachtungen

Abbildung “Bierdeckel-Kalkulation” © News

Die mangelnde Sorgfalt und Struktur in der Liquiditätsplanung entsprach in keiner Weise den Anforderungen an ein Großunternehmen.

2. Unzulässige Mittelverwendung

Obwohl die Signa Prime Selection AG selbst erhebliche Liquiditätsprobleme hatte, wurden laut Insolvenzverwalter allein im Jahr 2023 rund 252 Millionen Euro in Form von nachrangigen, d.h. unbesicherten, Upstream Loans an die Signa Prime Holding GmbH transferiert. Diese Zahlungen erfolgten:

  • Trotz bekannter finanzieller Schwierigkeiten der empfangenden Gesellschaft.
  • Ohne wirtschaftliche Grundlage, was die Verantwortlichen in ein schlechtes Licht rückt.
  • Scheinbar bevorzugte Zahlungen an nahestende Berater, was die durch Aussagen von Investoren gestützte Annahme der faktischen Geschäftsführung durch den Berater zusätzlich erhärtet.

3. Frühzeitige Warnsignale ignoriert

Die wirtschaftlichen Probleme der Signa Gruppe waren nicht plötzlich: Bereits ab 2019 müssten laut Berichten Finanzierungsschwierigkeiten den Mitgliedern des Vorstand erkennbar gewesen sein. Trotzdem wurden keine Gegenmaßnahmen ergriffen. Laut Insolvenzverwalter hätte spätestens im Ende erstes Quartal 2022 ein Insolvenzantrag gestellt werden müssen. Das Unterlassen dieser Pflicht führte letztlich zur durch den Verwalter unterstellten Insolvenzverschleppung.

4. Fehlende Aufsicht

Nicht nur der Vorstand, sondern auch der Aufsichtsrat trägt in solchen Situationen Verantwortung. Der gesamte Aufsichtsrat der Signa Prime Selection AG unterließ es laut Anschuldigungen durch den Insolvenzverwalter, den Vorstand ordnungsgemäß zu überwachen und rechtzeitig auf einen Insolvenzantrag hinzuwirken.

Mögliche Konsequenzen einer misslungenen Liquiditätsplanung für die handelnden Organe

Fehler in der Liquiditätsplanung können nicht nur das Unternehmen, sondern auch die verantwortlichen Personen in Vorstand und Aufsichtsrat persönlich schwer belasten. Die Konsequenzen umfassen:

1. Haftungsansprüche

Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haften persönlich für Schäden, die aus einer mangelhaften Planung oder einer Insolvenzverschleppung resultieren. Im Fall der Signa Gruppe wurde die Haftung der Verantwortlichen durch den Insolvenzverwalter auf rund eine Milliarde Euro beziffert. Diese Haftung ist solidarisch, was bedeutet, dass alle Mitglieder gemeinschaftlich für die Gesamtschuld einstehen müssen.

2. Strafrechtliche Konsequenzen

Eine verspätete Insolvenzanmeldung kann strafrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen. Verantwortliche können wegen Insolvenzverschleppung oder Untreue belangt werden, was empfindliche Geld- oder sogar Freiheitsstrafen zur Folge haben kann.

3. Reputationsverlust

Die persönliche Reputation der Verantwortlichen kann durch eine Insolvenz massiv geschädigt werden. Dies erschwert künftige berufliche Tätigkeiten, insbesondere in verantwortungsvollen Positionen.

4. Rückforderungen von Vergütungen

Im Falle einer Insolvenz können bereits gezahlte Honorare und Boni von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern zurückgefordert werden. Dies geschah auch bei der Signa Gruppe, wo Honorarzahlungen bereits teilweise erfolgreich eingefordert wurden.

Lernen aus den Fehlern: So gelingt eine professionelle Liquiditätsplanung

Um solche Szenarien zu vermeiden, sollten Unternehmen auf folgende Punkte achten:

1. Verbindliche Standards etablieren

Eine professionelle Liquiditätsplanung erfordert verbindliche Standards für Datenaufbereitung und Dokumentation. Revisionssichere Methoden und Softwarelösungen wie COMMITLY sollten genutzt werden.

2. Szenarioanalysen einbinden

„Worst-Case“-Szenarien sollten detailliert ausgearbeitet werden – nicht nur auf einem „Bierdeckel“. Szenarioanalysen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen.

3. Klare Verantwortlichkeiten definieren

Die Rollen von Vorstand und Aufsichtsrat in der Liquiditätsüberwachung müssen klar definiert sein. Regelmäßige Berichte und unabhängige Audits schaffen Transparenz.

4. Frühwarnsysteme einrichten

Ein robustes Frühwarnsystem hilft, Liquiditätsengpässe rechtzeitig zu erkennen. Automatisierte Tools können dabei helfen, Risiken zu quantifizieren.

5. Externe Expertise einholen

Gerade bei komplexen Unternehmensstrukturen sollte die Expertise externer Berater genutzt werden, um Planung und Kontrolle auf ein solides Fundament zu stellen.

Fazit: Die Bedeutung der Liquiditätsplanung nicht unterschätzen

Die Insolvenz der Signa Gruppe zeigt, welche Konsequenzen eine unzureichende Liquiditätsplanung haben kann. Eine professionelle Liquiditätssteuerung ist nicht nur für die Stabilität eines Unternehmens essenziell, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung.

Unternehmen aller Größen sollten sicherstellen, dass ihre Liquiditätsplanung belastbar, transparent und nachhaltig ist. Denn: Fehler wie die der Signa Gruppe sind vermeidbar – vorausgesetzt, man geht das Thema mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Professionalität an.